Im Jahr 1922 unternahm die deutsche Regierung finanztechnische Maßnahmen, um die stagnierende Wirtschaft des Landes zu stimulieren. Mangels anderer Möglichkeiten (oder vielmehr deren Kenntnis), begannen sie damit, Geld zu drucken und als das nichts half, stellten sie die Druckerpressen auf höhere Geschwindigkeit ein.
Aber die ökonomische Stagnation hielt an und so druckten sie weiteres Geld. Sie versuchten, das Geld in der Wirtschaft und den Privatpersonen ankommen zu lassen – ohne Erfolg. Und dann – urplötzlich – begannen die Preise zu explodieren – aber perverserweise nicht die Wirtschaftsleistung.
Weil das alles nichts half, werteten sie die Mark ab. Der neue Wechselkurs lag bei einem Verhältnis von zwei Millionen Mark zu einem Dollar. Mit Beginn des ersten Weltkrieges – 1914 – lag der Wechselkurs noch bei 4,20 Mark zu einem Dollar. Man benötigte also 4,20 Mark, um einen Dollar zu bekommen – nun benötigte man 2 Millionen Mark. Dreizehn Monate später – im November 1923 – benötigte man schon 4,2 Milliarden Mark, um nur einen einzigen, läppischen Dollar zu bekommen. In zehn Jahren wurde also die Geldmenge um den Faktor von einer Milliarde ausgedehnt. Nette Steigerung – man denke an die aktuelle Geldmengenausdehnung der FED und EZB…
Zahlen in Größenordnungen von Milliarden und Billionen betäuben den Verstand, weil der sich nichts mehr darunter vorstellen kann. Bleiben wir also bei kleineren Zahlen. Vor dreißig Jahren sagte ein alter Börsenhändler:
Wenn Du eine Million Dollar haben willst – dann musst Du jede Woche 500 Dollar sparen und zwar für die Dauer von 40 Jahren! (ohne Zinsen)
Das haut ganz schön rein, nicht wahr, wenn man bedenkt, wie gering sich die Summe von einer Million heutzutage anhört?! Für eine Milliarde – die bereits von Billionen verdrängt wird – muss man schon 500.000 Dollar jede Woche, 40 Jahre lang weglegen. Das ist noch perverser – 500.000 jede Woche! Und wie wird heutzutage mit Milliarden herumgeworfen: auf jedes kleine Finanz-Feuerchen kommt gleich eine präventive Geldschicht von einigen zehn oder gar hundert Milliarden oben drauf, um es zu ersticken.
Selbst dieses Beispiele sind noch zu groß – versuchen wir es auf einem anderen Weg:
- Mitte 1914, kurz vor dem Krieg, kostete ein Laib Brot in Deutschland 13 Cents
- Zwei Jahre später waren es 19 Cents (+46%)
- Nochmal zwei Jahre später musste man schon 22 Cents berappen (+69%)
- Im Jahr 1919 waren es 26 Cents – ab jetzt beginnt der “Spaß” (+100%)
- Im Jahr 1920 kostete ein Laib Brot schon 1,20 Dollar. (+923%)
- Ein Jahr später, 1921, 1,35 Dollar. (+1.038%)
- Mitte 1922 musste man schon 3,50 Dollar auf die Bäckertheke legen (+2.692%)
- Und Anfang 1923 unglaubliche 700 Dollar – für ein Brot! (+538.461%)
- Mitte 1923 lag ein Laib Brot bereits bei 1200 Dollar (+923.076%)
- Und im September bei atemberaubenden 2 Millionen Dollar. (+1.5384.615%)
- Einen Monat später Unruhen – bei 670 Mio. $ für ein Brot. (+515.384.615.384%)
- Im nächsten Monat waren dann 3 Milliarden Dollar fällig (+2.307.692.307.692%)
- 15 Tage später waren es dann 100 Milliarden Dollar. (+76.923.076.923.076%)
Na, schwindlig geworden? Verstehe ich! Man beachte die Zeitdauer und wie die Exponentialkurve immer senkrechter ansteigt! Im Zeitraum von Mitte 1914 bis November 1923 – das sind 9 Jahre – verteuerte sich ein Laib Brot um den Faktor 770 Milliarden von ursprünglich 13 Cents auf 100 Milliarden Dollar. Wenn man den Faktor auf 500 Millionen begrenzt, dann kam dieser im kurzen Zeitraum von 3 Jahren zustande (1920-1923). Bezahlbar für unsere Begriffe war ein Laib Brot noch Mitte 1922 – da kostete es 3,50 Dollar. Ab da bis zum Ende war es noch ein Steigerungsfaktor von 28 Milliarden innerhalb von nur 17 Monaten. Und alleine in den letzten 15 Tagen stiegen die Preise noch einmal um das 33-fache – das heißt der Preis verdoppelte sich mehr als zweimal pro Tag! Unvorstellbar!
Wie konnte das alles passieren? – Im Jahr 1913 hatte Deutschland eine solide, wohlhabende Hochkultur und Bevölkerung. Wie viel andere Länder in Europa, wurde es von einer Monarchie (Kaiser Wilhelm) regiert. Dann, nach der Ermordung des Erzherzogs Franz Ferdinand in Sarajevo im Jahr 1914, zog die Welt in Richtung Krieg. Jede Seite versuchte die andere zu überzeugen sie würde es nicht wagen in den Krieg zu ziehen. Trotzdem kam es dazu.
Der deutsche Generalstab dachte, der Krieg würde nur kurze Zeit andauern und die Kosten würden sie von den Besiegten als Reparationen einfordern. Das Gegenteil geschah – der Krieg war lang und sie verloren nicht nur eine große Anzahl an Soldaten und Material, sondern auch noch den Krieg. Somit waren es die Deutschen, die Reparationen zu zahlen hatten, anstatt sie zu erhalten.
Es wurde nicht sofort schlechter für die Wirtschaft und die Bevölkerung. Zwar stieg das Staatsdefizit aber vieles davon wurde von ausländischen und inländischen Käufern der deutschen Staatsanleihen getragen. Ausländische und inländische Investoren erwerben gerne Staatsanleihen eines Landes, wenn sie damit rechnen können, dass dessen Regierung künftige Überschüsse erwirtschaftet, so dass sie vorübergehende Defizite ausgleichen kann.
Als die wirtschaftliche und finanzielle Situation begann, sich zunehmend negativ zu entwickeln, wagte es niemand, der Bevölkerung Leistungen vorzuenthalten und höhere Steuern zu fordern. Sie fürchteten, dass die Einschränkung staatlicher Leistungen zu Aufständen in der Bevölkerung geführt hätte und am Ende zum Kommunismus. So begannen sie mit dem drucken von Geld, als vermeintlich schmerzloseste Option und konnten später nicht mehr damit aufhören, ohne alles sofort in den Abgrund zu schicken.
Währungen, Kultur und Chaos – Wenn es schwierig ist, die Ungeheuerlichkeit der Zahlen in dieser Geschichte der deutschen Hyperinflation zu erfassen – so ist es noch weitaus schwieriger zu begreifen, wie es ist, wenn eine Kultur, eine Nation oder gar die ganze Welt von der Hyperinflation zerstört wird.
Die Ersparnisse der Menschen waren plötzlich wertlos. Renten waren bedeutungslos. Wenn Sie eine monatliche Rente von 400 Mark erhielten, änderte sich die Situation innerhalb weniger Monate von komfortabel bis mittellos. Die Menschen forderten täglich bezahlt zu werden, weil die Geschwindigkeit der Geldentwertung so enorm war, dass sie oft schon am nächsten Tag viel weniger von dem Geld kaufen konnten, als am Tag zuvor. Letztendlich verlangten sie ihren Lohn zweimal täglich. Menschen erwärmten ihre Häuser und Wohnungen durch das Verbrennen von Geldbündeln, da sie einfacher zu bekommen und billiger waren als herkömmlicher Brennstoff, wie Kohle und Holz.
Die Mittelschicht wurde zerstört. Die Menschen besaßen kaum Wohneigentum und wohnten mehrheitlich zur Miete – Tausende wurden obdachlos. Damals gab es noch den weit verbreiteten Brauch, dass Ehen von den Eltern arrangiert wurden. Die Töchter bekamen eine Mitgift, um sie gut verheiraten zu können. Plötzlich war die Mitgift wertlos – ausgelöscht. Und mit ihr ging die Hoffnung auf eine “gute Ehe”. Die gesellschaftliche Moral begann zu kollabieren. Die goldenen Zwanziger waren plötzlich gar nicht mehr so golden.
Alle Hoffnung und der Glaube an staatliche und soziale Systeme war zusammengebrochen. Die zerstörte Kultur und Wirtschaft führte dazu, dass Adolf Hitler an die Macht kam. Die Wirtschaft lief wieder an und die Menschen fanden Arbeit. Dann kam der zweite Weltkrieg.
Diese, die Seele erschütternden und verheerenden Erfahrungen mit der Inflation sind in der deutschen Psyche eingebrannt. Deshalb ist die Bevölkerung nicht gewillt, die Rettungsaktionen zu unterstützen. Daher stammen auch all die deutschen Vorschläge, dass sich jedes Land um seine eigenen Banken kümmern sollte. (Das gibt ihnen mehr Kontrolle.) Die Franzosen neigen dazu, die Rettungspakete mit der europäischen Bankenaufsicht zu knüpfen. Es gibt mehr Uneinigkeit in diesen europäischen Plänen als die Schlagzeilen vermuten lassen würden. [Quelle: ZeroHedge, Art Cashin]
Man sollte sich diese Geschichte gut ansehen und merken, denn sobald die Zentralbanken erst einmal angefangen haben, die Geldmenge stark aufzublähen – was bereits geschehen ist – können sie das nicht mehr stoppen, ohne dass die Wirtschaft und Gesellschaft sofort kollabiert. Das ist, wie eine starke Abhängigkeit nach Rauschgift – die Zufuhr muss immer mehr erhöht werden – bis der Abhängige entweder in den Entzug geht oder stirbt. Es ist ganz offensichtlich, dass die Politiker der westlichen Staaten die Wirtschaft, Kultur und Bevölkerung ihrer Länder lieber sterben lassen, als sie auf Entzug zu setzen. Die Frage ist, wissen sie es nicht besser, sind sie zu dumm oder glauben sie tatsächlich, “es schon richten zu können”?
Das einzige, was damals nicht an Wert verlor, waren Sachwerte – allen voran Gold und Silber. Es muss nicht sein, dass es wieder zu solch einer Entwicklung kommt, wie 1923. Aber dass den Zentralbanken nichts mehr anderes übrig bleibt, als die Geldmenge immer weiter auszudehnen, um die Staatsfinanzen der Euro-Länder zu stützen und deren noch marodere Banken – das wird jeder zugeben müssen, der einen Blick auf die Target2-Salden und die aufgeblähte EZB-Bilanz geworfen hat! Ohne weitere Ausdehnung der Geldzufuhr sind Griechenland, Irland, Portugal, Spanien, Italien, Frankreich und – aufgrund der übernommenen Haftungen und der starken Vernetzung der Banken – dann auch Deutschland sofort rettungslos pleite! Das alles wird Gold und Silber im Preis weiter treiben – zumal sie ohnehin unterbewertet sind.
Die einzige Rettung vor einem finanziellen Desaster größten Ausmaßes ist der maximale Erwerb der seit Jahrtausenden verwendeten und sicheren Wertspeicher – Gold und Silber.
Literatur zur deutschen Hyperinflation
http://krisenfrei.de/Sordon_Inflation-und-Staatsbankrotte.pdf
The Nightmare German Inflation
The Weimar Republic and Revolt 1918-23
Great hyperinflation episodes in history — and what they tell us about the Fed
http://de.wikipedia.org/wiki/Hyperinflation