Das System wackelt und es macht sich langsam Panik breit. Der Zerfall der herrschenden Ordnung und die Gefahr, die diese mit sich bringt sind jedoch nur Folgen einer unhinterfragten Gläubigkeit an ein Geld, das als eine verzinste Schuldanerkennung von den Banken aus dem Nichts geschaffen wird. Die Welt leidet an einem illusionären Paradigma und vermag deswegen nicht, die Krise zu lösen.
von Yoshi Frey
In diesen Tagen steigt die Spannung im System. Die Angst vor dem Zusammenbruch des Finanzsystems wächst, ständig werden neue Rettungspakete geschnürt, die gehabten Rezepte versagen und es wird immer deutlicher, dass Politiker wie Ökonomen keine schlüssige Antwort auf die Schuldenkrise haben. Man fragt sich: wie kann es sein, dass die ganze Welt hoffnungslos in einer Schuldenspirale gefangen ist?
Das Grundproblem ist, dass Geld als verzinste Schuld durch die Geschäftsbanken entsteht. Das heisst, es gibt niemals das Geld für die Zinsen im System. Ständige Neuverschuldung ist darum zwingend notwendig. Das System kann nur solange funktionieren, wie die Verschuldung sowie die Wirtschaft wächst – und zwar exponentiell. Ein solches Wachstum ist aber unmöglich und ein Forderungszusammenbruch mathematisch programmiert. Dieses grundlegende Wissen über unser Wirtschaftssystem ist aber weder bei den Politikern, Ökonomen oder der Allgemeinheit vorhanden. Das ist der Grund, warum eine Lösung der Schuldkrise nicht in Sicht ist. Die einzig logisch mögliche Lösung ist eine Änderung der bisherigen Weise, wie Geld geschöpft wird. Geld darf nicht mehr als verzinste Schuld geschöpft werden. Eine Geldreform als Lösung der Schuldkrise wird aber von keiner Partei in Betracht gezogen. Das ist das zutiefst Tragische an dieser Krise: Die Analyse der Ursache der Krise ist grundfalsch und darum werden alle Lösungsansätze versagen.
Die einzigen zwei Möglichkeiten innerhalb der herrschenden wirtschaftlichen Sichtweise sind Sparen oder noch höhere Verschuldung. Nach der Bankkrise 2008 „löste“ man das Problem durch eine gesteigerte Staatsverschuldung. Als deutlich wurde, dass die Staaten die Schuldzinsen nicht mehr bezahlen können, sind nun die Staaten vom Bankrott bedroht. In dieser Situation zu sparen, heisst, den Bürgern durch Kürzungen Geld zu nehmen. Dieses Geld fehlt dann im Wirtschaftskreislauf, um das Wirtschaftswachstum zu generieren, das die Zinsen bezahlt. Wie wir die Sache auch wenden, so ist das Grundproblem das, dass unser Geld zugleich unsere verzinsten Schulden sind. Die Zinsen können nur durch eine ständige Expansion der Schuldlast bezahlt werden. Eine Lösung aus dieser verzwickten Lage gibt es einfach nicht, ohne die Geldschöpfung per Kredit aufzulösen. Eine fertig ausgearbeitete Lösung bietet hier z.B. die Vollgeldinitiative.
Darum ist die Krise, die jetzt auf uns zukommt, eine Krise, die vollkommen zu vermeiden wäre. Man weiss nicht richtig, ob man darüber lachen oder heulen soll, aber das ganze Leiden, das aus dem Zusammenbruch dieses dysfunktionalen Geldsystems entstehen wird, ist nur die Folge unserer tiefen Gläubigkeit an ein Geld, das als eine verzinste Schuldanerkennung von den Banken aus dem Nichts geschaffen wird. Die Welt leidet an einer absurden, fixen Idee, an einer Illusion – und keiner will oder kann aus diesem Irrsinn aussteigen. Man steht ob diesen gigantischen zeitgenössischen Wahnsinns hilflos und fassungslos daneben.
Niemand in Politik oder Medien benennt die Unmöglichkeit des existierenden Geldsystems. Es ist, als ob die Gesellschaft sich entschieden hat, ihr mentales Gefängnis nicht wahr zu nehmen. Die Grundlage des herrschenden gesellschaftlichen Paradigmas ist jene aus dem Nichts geschöpfte und durch Zinseszins unendlich wachsende Schuld. Sie richtet eine unerfüllbare Leistungsforderung an die Menschheit, der aber alle willig folgen. Das ist das mentale und ideologische Gefängnis, das der absoluten Mehrheit als kulturelle „Wirklichkeit“ erscheint. Eine kulturelle Wirklichkeit kann schwer wahr genommen werden, denn sie ist der gemeinsame mentale Kosmos der Zeitgenossen, das, was als „wahr“ definiert ist. Es ist darum entscheidend wichtig, dass wir die herrschende „Wahrheit“ in Frage zu stellen wagen.
Denken wir doch einmal nach: Falls sich diese Bits und Bytes auf den Festplatten der Banken demnächst per Crash auflösen – nichts von Substanz wäre geschehen. Menschen, Können, Rohstoffe, Maschinen – alles noch vorhanden. Was verschwand, ist der Vermittler zwischen Nachfrage und Angebot, weil die Schuldansprüche, die auch Geld waren, nicht zu erfüllen waren.
Das, was die Politik und die Gesellschaft mit Angst erfüllt – der Mangel an Geld – ist nur bedingt durch den Glauben an ein dysfunktionales Geldkonzept; ein kollektives Hirngespinst, wenn man so will. Nichts zwingt uns, daran festzuhalten. Lasst doch das fraktionale Reservesystem und die Geldschöpfung durch die Banken zusammenbrechen. Stell dir vor, es ist Wirtschaftskrise – und keiner geht hin. Warum? Weil die Menschen erkannt haben, dass sie jederzeit ein freies, demokratisches und vor allem funktionierendes Geldsystem schaffen können. Wir brauchen keine Angst vor Geldmangel zu haben, wenn wir uns bewusst sind, dass Geld nur ein gesellschaftliches Übereinkommen ist, das wir jederzeit neu definieren können. Wir brauchen deswegen dringend eine Neuformulierung unseres Gesellschaftsvertrages mit einem Geld, das die Entwicklung einer mitmenschlichen und nachhaltigen Gesellschaft fördert.
Das jetzige Finanzsystem muss zusammenbrechen, schon rein mathematisch. Wir könnten die Krise aber als Gelegenheit begrüssen, um eine notwendige Reform unseres Wirtschaftssystems durchzuführen. Dazu ist es notwendig, dass das Wissen, dass so eine Reform möglich ist, in der Bevölkerung verbreitet ist. Es ist darum jeder Leser aufgefordert, dieses Wissen zu verbreiten, denn ohne eine „monetäre Aufklärung“ wird es keinen Ausgang aus unserer selbstverschuldeten Krise geben.