Die Ruhe an den Finanzmärkten trügt. Nie zuvor war das System anfälliger. Das globale Finanzsystem gleicht einem Kartenhaus, welches jederzeit kollabieren kann. Es gibt keine Überlebenschance – auch wenn die Welt derzeit von einem solchen Szenario nichts wissen will.
von Egon von Greyerz, MMNews, 13.01.2013
Erhöhung des US-Schuldenlimits, Bondkauf durch Fed und BoE, QE 1,2,3,4…, ESM, japanische Gelddruck-Orgie: Was bedeuten heute noch Billionen? Die Regierungen dieser Welt sind gerade dabei, wertloses Papiergeld zu drucken, um wertlose Papiere zu kaufen. Damit, und mit allen wertlosen Derivaten, werden Anlagen gekauft, die von total realitätsfernen Finanzmechanismen abhängen. Also sind auch die Anlagen selbst wertlos.
Man kann sich das globale Finanzsystem wie ein Kartenhaus vorstellen: Jeder falsche Wert eines Handelspapiers wird künstlich durch den falschen Kurs eines anderen Investments gestützt. Die Lunte der weltweiten Finanzmarkt-Bombe brennt! Es steht mittlerweile außer Frage, ob die Bombe hochgehen wird – es geht nur noch um das Wann und Wie. Trotzdem vegetiert die Welt in glückseliger Unkenntnis unbeirrt weiter vor sich hin.
Die Märkte bleiben weiterhin stabil und überall auf der Welt flüchten sich Investoren in vermeintlich sichere Staatsanleihen. Da wir gerade ein Jahrhundert der künstlichen Wertschöpfung durch die Banken und Regierungen (insbesondere seit den 70-iger Jahren) erlebt haben, glauben viele Anleger, dass Aktien, Anleihen und Immobilien nur steigen können. Ein Verständnis für markt- und risikobezogenes Investieren war im Glücksspiel der Finanzwelt nicht nötig, um garantierte Gewinne abschöpfen zu können. Riesige Hebel und Derivate haben die Märkte in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren zu unermesslichen Risiken mit hohen Gewinnchancen für die Mitspieler gepusht.
Währenddessen kurbeln die Zentralbanken die Druckpressen immer weiter an. Bernanke meinte dazu kürzlich, dass Quantitative Easing eine „unangebrachte“ Beschreibung dieses Prozesses sei. Viel mehr sollte dieser „Sicherheitskäufe“ genannt werden. Wen hält er hier zum Dummen? Was die Fed hier kauft, hat nichts mit „Sicherheiten“ zu tun. In dem Müllberg von Einkäufen der Fed ist überhaupt keine Sicherheit vorhanden. Sie kaufen wertloses Papier mit wertlosem Papier. Das Schneeballsystem ist somit perfekt.
Aber es kann ganz klar gesagt werden: Das Schlaraffenland existiert nicht mehr lange. Das Finanzsystem liegt am Boden, viele westliche Staaten sind bankrott und die Regierungen nehmen immer mehr Schulden auf – Schulden, die niemals mit normalem Geld bezahlt werden können.
Warum glaubt dann aber die gesamte Welt immer noch, dass unser Finanzsystem stabil ist?
- Erstens, weil dies von total ahnungslosen Regierungen immer wieder gepredigt wird und Investoren es hören wollen.
- Zweitens, weil die Investoren glauben möchten, dass jede finanzpolitische Entscheidung der Regierungen gut ist. Dabei ist es egal, ob es um eisernes Sparen wie in Europa oder um endloses Gelddrucken wie in den U.S.A. Geht. In Wahrheit sind beide Herangehensweisen absurd.
- Drittens, weil die Global Player sich immer noch in Sicherheit wägen und zu kurzfristig handeln. Außerdem werden kaum konsequente Lehren aus der Geschichte gezogen.
- Viertens, da die Investoren solange den Markt manipulieren werden, wie sie Gewinne aus verfälschten Anlagepreisen erzielen können.
- Fünftens, weil es eine ziemlich ausgeklügelte Ablenkungskampagne der U.S.A. gibt, um den Fokus der Öffentlichkeit von der eigenen Staatsverschuldung und der miserablen Wirtschaftslage auf kleine europäische Staaten wie Griechenland, Irland oder Portugal zu lenken. Diese Staaten sind wahrlich in großen Schwierigkeiten – verglichen mit den Problemen in den USA (Regierung, Staaten, Städte und Regierungsbezirke) sind sie aber verschwindend klein.
Die Mitglieder der Eurozone können jedoch kein Geld drucken. Viele EU-Staaten werden von amerikanischen Ratingagenturen herabgesetzt, während das US-Rating unangetastet bleibt. Das AAA-Rating der USA ist nichts als eine dreiste Lüge und auf ganzer Linie politisch motiviert. Die Ratingagenturen werden die USA erst dann herabstufen, wenn die Schulden wertlos geworden sind. [weiterlesen auf MMNews]
Dieser Artikel ist extrem wichtig – daher habe ich ihn hier auch komplett eingestellt, was ich sonst nicht tue. Es gibt nur wenige deutschsprachige Autoren von Rang, die die Situation im Geldsystem so drastisch und wahrheitsgemäß formulieren. Die meisten weigern sich, die wichtigsten Probleme mit wahrhaftigen Worten anzusprechen und ergehen sich stattdessen in Allgemeinplätzen. Greyerz spricht hier schlicht und einfach Klartext und er ist jemand, der tatsächlich Einblick hat, in das internationale Finanzgeschehen.
Mir selbst sind diese Dinge bewusst – aber das basiert nicht auf beruflichem Einblick oder Insiderwissen, sondern auf meinem Gefühl und aus der Lektüre unzähliger Artikel, vor allem englischsprachiger Autoren. Ich weiß, dass Egon von Greyerz Recht hat. Das Einzige, was es an dieser Stelle noch zu sagen gibt: es gibt nur ein Mittel, um sich wenigstens teilweise vor den Auswirkungen der Zerstörung des Welt-Finanzsystems zu schützen: Konservierung der eigenen Kaufkraft in werthaltigen Assets, wie Gold und Silber.