Silber macht was es will. Kaum etwas an den Finanzmärkten hält sich so wenig an Charts und springt so wild durch die Gegend wie das „Gold des kleinen Mannes“. Neulich hat es sich trotz aller charttechnischen Unkenrufe bis auf 29 USD/oz hoch geschaukelt. Das war zuviel, sagen etliche Analysten. Ich wäre mir da nicht so sicher…
Haben Sie schon mal mit technischen Analysten über fundamentale Daten diskutiert? Es bringt oft nicht viel, denn man kommt kaum auf keinen Nenner. Sie kennen den Markt fundamental meist nicht, sondern nur den Chart. Wer beides kennt, hatte in den letzten Jahren einen größeren Vorteil. Technisch hat Silber oft das Zeug dazu, Widerstandslinien zu überrennen, Unterstützungen eindrucksvoll zu brechen und Charttechniker zum Staunen zu bringen. Das ist eindrucksvoll, wenn sie die Erklärungen dafür nachreichen. Die meisten Analysten wissen auch nichts davon, dass bei komischen Bewegungen vorwiegend nachmittags etwas „nachgeholfen“ wird. Die Behauptung stammt inzwischen nicht mehr aus der Küche der Verschwörungstheorie, sondern kann als bekannt vorausgesetzt werden.
Noch unterhaltsamer wird es aber, wenn die Experten mit Prognosen daher kommen, die von technischer Analyse mindestens so wenig Ahnung haben wie vom Markt, es aber ihre Aufgabe ist, Produkte auf die Metalle zu verkaufen. Quintessenz: Geht es rauf, braucht man dieses, geht es runter, braucht man jenes. Aber sie wissen nicht, wohin es geht. Die Experten haben aber für jeden Fall das richtige Instrument in der Tasche, wie der Schamane das Gift und das Gegengift. Wie tröstlich.
Taugen im Silbermarkt die Charts für Prognosen? Jein. Einerseits geben die reinen Linien oft falsche Signale, andererseits lässt sich mit Indikatoren recht gut abschätzen, wie die Preise einzuschätzen sind. Oft auch stellen die dicken Jungs mit dickem Geld böse Fallen. Vielleicht sind genau deshalb die charttechnischen Prognosen wenig zielführend, weil es sich nicht nur um einen durch wenig Geld leicht zu beeinflussenden Mini-Markt handelt, sondern dieser auch noch politischem Interesse ausgesetzt ist. Wer sich an reinen Charts orientiert und das Ganze mit Optionsscheinen und anderem finanziellen Spielzeug handelt, ist seinen Einsatz schnell los. Besser ist es, man bedient sich aller zur Verfügung stehenden Quellen und würzt alles mit gesundem Menschenverstand nach, sofern überhaupt vorhanden. [weiterlesen bei: Frank Meyer]